Vielleicht passt das hier nicht so gut
hinein, aber manchmal hilft es einfach, die Dinge die einen
beschäftigen nieder zu schreiben. Und manche Gedanken, lassen sich
halt nicht in 140 Zeichen abfassen.
Wenn ich die letzten Tage auf Youtube
herum gestöbert habe, sind mir immer wieder Videos untergekommen,
die ernstere und tiefsinnigere Themen beinhalteten, als die Art
Videos, die ich schaue um mich abzulenken und meiner eigenen Welt für
ein paar Minuten zu entfliehen.
→ Eine Playlist mit besagten Videos
verlinke ich euch am Ende – in der Hoffnung, dass irgendwer bis
dahin liest.
Eine Videoplattform mitsamt ihrer
Künstler gerät plötzlich in die Kritik. Einerseits, weil sie immer
mehr Ansehen erlangt – andererseits gibt es auch hier eine
Kehrseite der Medaille. Durch diese wachsende Aufmerksamkeit werden
plötzlich Dinge aufgedeckt, die lange Zeit unter der Oberfläche
brodelten. Stimmen werden laut, Betroffene erheben sich und viele
regen zum Nachdenken an. Mein Kopf brummt und trotzdem – oder
gerade deshalb – kann ich die Gedanken nicht einfach zur Seite
schieben.
→ Wer
jetzt nur Bahnhof versteht, dem könnte es helfen, doch einen kurzen
Blick auf die Videos zu werfen. Andernfalls kann ich euch auch grob
schildern, worum es geht:
Es
wurden Vorwürfe – teils erwiesen – gegen Youtuber erhoben, sich
an ihren Zuschauern vergangen zu haben und einige andere haben
darauf öffentlich reagiert, um aufmerksam zu machen, dass sie nicht
deine Freunde sind, aber genauso wenig wie Stars umschwärmt werden
wollen.
Ich denke ein großes Problem unserer
Gesellschaft besteht einfach darin, dass immer erst etwas passieren
muss, damit gehandelt wird. Vor einigen Wochen wurde beispielsweise
ein 10-jähriges Mädchen ein paar Kleinstädte von mir entfernt, von
einem Mann aufgefordert in sein Auto zu steigen und plötzlich wird
das Thema wieder hiesig diskutiert. Warum sind solche
Aufklärungsarbeiten nicht „täglich Brot“ in unserer
Gesellschaft? – Aber ich komme vom eigentlichen Thema ab.
Wir nehmen alltägliche Probleme
einfach nicht mehr wahr, bis irgend ein Vorfall uns wieder aufhorchen
lässt, bis irgendwer aufsteht und zu reden beginnt. Dabei könnte es
so viel leichter sein.Worin besteht das Problem, über das Internet und seine Tücken aufzuklären? Zu Alkohol- und Drogenmissbrauch wird schon seit geraumer Zeit Präventionsarbeit geleistet indem Organisationen von Schule zu Schule ziehen und versuchen, die Jugendlichen wach zu rütteln und auf Konsequenzen ihres Handelns hinzuweisen.
Warum verstehen Eltern nicht, dass sie auf ihre Kinder Acht geben müssen? Ich verstehe nicht wie man Kindern (und damit meine ich Grundschüler – unbefangene, unerfahrene und naive KINDER) den Zugang zum Internet gewährleisten kann, ihnen gar einen eigenen PC oder ein Smartphone zur Verfügung stellen kann, in dem Glauben, sich nicht weiter darum sorgen zu müssen.
Es wurde einfach zu lange schon nicht
mehr thematisiert, dass das Internet kein Zufluchtsort ist, dass hier
nicht alle deine Freunde sind und dich aufbauen wenn es dir schlecht
geht, dass dich hier keiner in den Arm nehmen und dir sagen kann,
dass alles wieder gut wird.
Aber genau das, wurde in jüngst
bekannt gewordenen Ereignissen auf Youtube doch ausgenutzt. Das
Internet birgt einfach eine Gefahr und ich weiß aus eigener
Erfahrung, dass viele Kinder und Jugendliche damit zu leichtsinnig
umgehen – frei nach dem Motto: „es ist mir ja schließlich noch
nichts passiert“. Und keiner fühlte sich bisher verantwortlich,
dagegen vorzugehen.Umso mutiger und vorbildlicher finde ich daher die Youtuber, die sagen: „Ich sitze irgendwie mit im Boot, warum also sollte ich meine Reichweite nicht nutzen, um meine Zuschauer zu erreichen und sie wach zu rütteln?!“ Die Menschen die weder Abgötter noch beste Freunde sind, zu denen dennoch viele Jugendliche aufsehen.
Meine Beobachtung sagt mir, dass
vermehrt Mädchen dazu neigen, diesem „Fan-Hype“ zu verfallen.
Deshalb sind es auch eher die männlichen Youtuber, die umschwärmt
und angehimmelt werden, während bei den Mädchen und Frauen eher das
Gefühl von Freundschaft überwiegt und sie idolisiert werden. Die
Zuschauer eifern ihren Youtubern nach, fühlen sich ihnen verbunden.
Und doch sind sie alle eigentlich nur wildfremde Menschen, denen sie
blind vertrauen.
Das wird besonders deutlich bei
Fantreffen und Veranstaltungen wie dem VideoDay – Zuschauer umarmen
ihre liebsten Youtuber und posieren mit ihnen für Fotos, ohne die
Menschen vor sich wirklich zu kennen.
Es fällt mir schwer, das in Worte zu
fassen, weil ich es selbst nicht recht verstehe. Ich kann nur
beschreiben, was mir dieses Jahr am VideoDay widerfahren ist, was ich
erlebt habe. Ich schäme mich ehrlich gesagt, das niederzuschreiben,
aber es muss gesagt werden um auszudrücken, was in den Köpfen der
Menschen – nenne man sie Fans, oder auch nicht – vorgeht. Ich
habe da dieses Foto mit einem Youtuber gemacht und mich nicht getraut
ihn zu berühren, weil ich gezittert habe und mir dabei vorkam wie
der letzte Trottel.
Ich hatte nicht gedacht jemals an den
Punkt zu gelangen, aber wir suchen uns nun mal nicht aus, wen wir
sympathisch finden. Und wenn selbst eine Youtuberin zugibt, bei einem
ihrer größeren „Kollegen“ zu fangirlen, beweist das doch nur,
dass sich wirklich keiner davon freisprechen kann. Egal wie klar man
im Kopf ist, egal wie groß Vernunft und Verstand sind und egal wie
viele Stimmen in deinem Kopf dir sagen, dass das hirnrissig ist –
du kommst nicht dagegen an.
Jugendliche sollten nicht für
Internet-Stars“ schwärmen oder sich einreden in wildfremde
Menschen verliebt zu sein. Youtuber sind nicht die Boygroup-Helden
des 21. Jahrhunderts, die die Bravo-Titelseiten zieren wollen.
Täglich aufs Neue erklären sie, dass sie ihre Zuschauer nicht als
„Fans“ sehen wollen, dass der Begriff abwertend klingt und
rechtfertigen sich, nur gewöhnliche Menschen und keine Stars zu
sein.
Aber wenn sie dann als genau das
bezeichnet werden, so wie „Dner“ und „ungespielt“
stellvertretend für alle Youtuber am vergangenen Mittwoch im
strenTV-Interview, dann drängt sich mir die Frage auf, ob dieser
Kampf vergebens ist.Einerseits hat diese Fernsehsendung bewiesen, dass hinter Youtube tatsächlich eine sehr starke Gemeinschaft steht, dass der Begriff „Community“ total zutreffend ist. Andererseits werden sie als unnahbare „Stars“ bezeichnet, die sie definitiv nicht sind.
Das Ganze ist wie ein „Geben und
Nehmen“ – allerdings im negativen Sinne. Auf den Youtubern
lastet ein enormer Druck, weil sie doch eben keine Stars sind und
somit ihren Zuschauern immer ein offenes Ohr schenken sollten und die
Zuschauer glauben ernsthaft von ihnen verstanden und angenommen zu
werden. Mir ist dazu ein Beispiel von einem Mädchen (schätzungsweise
nicht älter als 12) untergekommen, die sich auf Instagram bei einem
Youtuber (mittlerweile 96k Abos) bedankt hat, weil er mit ihr
geschrieben hat und sie sich verstanden fühlte.
Das Internet und damit auch Youtube
oder andere Plattformen, soziale Netzwerke und Kommunikationsportale
sind kein Zufluchtsort. Wenn es dir schlecht geht, oder du den Sinn
deines Lebens aus den Augen verlierst, kann dir im Internet auch
keiner helfen.
Ich spreche aus Erfahrung. Ich weiß
wie sich das anfühlt, wenn das Erwachsenwerden dir den Boden unter
den Füßen wegzieht. Wenn du wegen dem ersten Liebeskummer Nächte
lang durch weinst. Ich weiß wie einsam man sich fühlt und
mittlerweile weiß ich auch, dass es kein Ausweg ist, sich im
Internet Gehör zu verschaffen. Das kann immer böse enden – nicht
in meinem Fall, aber dafür genügend anderen Jugendlichen.
Schreib Tagebuch, rede mit deinen
Freunden, Eltern oder anderen Vertrauenspersonen, die du persönlich
kennst. Und wenn es dir peinlich ist, darüber zu reden: schreib
ihnen einen Brief. Es gibt immer Menschen, mit denen du reden kannst.
Teile nicht deine ganze Geschichte im Netz und mach dich dadurch
verwundbar. Und bitte glaub nicht, dass du hier irgendwelchen Stars,
Superhelden und sonstigen Vorbildern begegnest. Genauso wenig sind
sie aber auch deine Freunde – also denk nach, was du wem
anvertraust und sei dir bewusst, dass kein Mensch mehr wert ist als
ein anderer.HIER geht's zur Videoplaylist